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Janina Jörgens

Überraschung!!! - Nein danke...

Aktualisiert: vor 5 Tagen




So oft höre ich von den Eltern meiner Klienten: „Womit kann ich mein Kind denn zum Schulstart / zum Geburtstag / zu Weihnachten etc. überraschen?“.

Und dann finde ich mich beinah gemein, wenn ich antworte: „Also - wenn nicht gewünscht…  dann am besten gar nicht.“

 

Überraschungen sind für viele Menschen ganz großartig! Denn da hat sich jemand Gedanken gemacht, hat geplant und organisiert und dann wird man vielleicht genau mit dem überrascht, was man sich schon so lange gewünscht hat! Toll!

 

Naja - oder eben auch nicht.

 

Der Großteil meiner Klienten und auch ich selbst sind eher nicht so die „Überraschungs-Typen“…

 

Denn Überraschungen sind unvorhersehbar - klar, sonst wären es ja keine Überraschungen. Aber gerade diese Unvorhersehbarkeit ist für viele neurodivergente Menschen weniger lustig als vielmehr außerordentlich stressig…

 

Man hatte sich vielleicht darauf eingestellt, nach einem anstrengenden Arbeitstag einfach nach Hause zu kommen, sich seine bequemsten Lieblingssachen anzuziehen und sich aufs Sofa fallen und vom TV „berieseln“ zu lassen. Das war der Ausblick, mit dem man sich vielleicht an diesem Tag „über Wasser“ gehalten hat.

 

So öffnet man die Tür, seufzt und legt schon mal das sozial angepasste Tageslächeln ab und… Überraschung! Die ganze Bude voller Leute, die eine Überraschungsparty anlässlich des eigenen Geburtstags feiern wollen - den man vielleicht den ganzen Tag erfolgreich versucht hat zu verdrängen - eben weil man nicht so auf Geburtstage und den ganzen Rummel drum herum steht…

 

Nicht nur, dass soeben die ganze Entspannung, auf die man sich den ganzen Tag gefreut hatte, hinüber ist…

 

Los geht das Gedankenkarussell:

„Wer hat das geplant? Wer war alles eingeweiht? Wer hat mich ggf. in den letzten Tagen „ausgehorcht“ oder gar angelogen? Wo kommen die ganzen Sachen her, die eigentlich nicht in meine Wohnung gehören? Wer räumt das alles wieder auf? Und…wer hat hier vorher aufgeräumt? Oh Gott…. Wie „schlimm“ sah die Wohnung eigentlich heute morgen aus, als ich sie verlassen hab? Da lag doch noch alles rum…. Oh Gott - wie peinlich!!! Alle sind so schick angezogen und ich … bestimmt hat über den Tag im Büro mein Deo versagt und mein Make-Up dürfte sich auch schon längst verabschiedet haben… Warum habe ich mir im Auto nur schon das Haarband so unüberlegt aus den Haaren gerupft? Ich seh´ bestimmt aus wie der Hahn von meinem Nachbarn…“ und so weiter…

 

Stress pur…

 

Oder ein überraschendes Geschenk!

Ja, auch hier hat sich jemand sicher ganz liebevolle Gedanken gemacht, denn „nur“ die Sachen von der Wunschliste zu kaufen und zu übergeben wäre ja langweilig…

 

Naja - oder auch nicht…

 

Denn die Sachen von der Wunschliste waren wohlüberlegt und kalkuliert - und gewünscht, deswegen heißt es ja Wunschliste…

Da hatte man sich drauf eingestellt, hatte sich schon möglicherweise die passenden, sozial akzeptieren Worte des Dankes zurechtgelegt.

 

Und nun taucht hier ein ungeplantes Kartenspiel auf?

 

„Warum? Mit wem soll ich das jetzt spielen? Muss ich das jetzt mit jemandem spielen? Womöglich mit dem Onkel, der mir das geschenkt hat? Den mag ich aber gar nicht, dem will ich nicht für die Dauer eines Spieles gegenübersitzen müssen… Was, wenn er das Spiel schon kennt und kann? Dann verliere ich ja sowieso – oder er lässt mich absichtlich gewinnen… Ich kann mich selber veräppeln… Wieso gucken mich jetzt alle an? Muss ich was machen? Ach ja – ok: Ja, äh. Danke?“

 

Oder Tickets für den Kinofilm, der gerade erst angelaufen ist.

 

Tatsächlich ist es womöglich sogar die lang ersehnte Fortsetzung der eigenen Lieblingsserie.

Und dennoch:

 

„Man hätte mich ja auch mal fragen können… gerade heute ist so schönes Wetter - da wäre ich lieber im Garten geblieben… Jetzt muss ich da so lange im Dunkeln sitzen. Und wieso schon jetzt - am ersten Tag? Ich hätte lieber ein paar Kritiken abgewartet – was ist, wenn die Fortsetzung jetzt total doof ist… muss ich mich dann trotzdem für die Karten bedanken? Und überhaupt: Wieso bekomme ich 2 Karten geschenkt, wenn der, der sie mir schenkt eh selber mit in den Film will? Ich wäre lieber mit Tim von nebenan gegangen….“

 

Auch wenn die Erkenntnis hart ist: Nicht jeder Mensch mag Überraschungen…

 

Tatsächlich mag der Eine oder die Andere lieber in Entscheidungen mit einbezogen zu werden.

 

Und wenn schon Wochen vorher genau feststeht, wie der Geburtstag gefeiert werden soll, was es zum Essen gibt, welche Geschenke erwartet werden, etc. kann das das größte Geschenk sein.

 

Jeder Mensch ist eben anders…

 

In diesem Sinne: Bleibt neugierig aufeinander!

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