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Janina Jörgens

Alle Jahre wieder - Ein Ablaufplan für Weihnachten


Planung Weihnachten


Wenn man mit Autisten zusammenlebt, ist Weihnachten oft eine ganz besondere Herausforderung - für alle Beteiligten.

 

Gleich zu Beginn sei noch einmal explizit betont, dass jeder Mensch, also auch jeder Autist anders auf Ereignisse wie Weihnachten reagiert.

 

Egal ob neurotypisch oder neurodivergent, überall gibt es Weihnachtsfans und Grinches… ;-)

 

Ich möchte hier mal ein paar Dinge auflisten, die Weihnachten für neurodivergente Menschen evtl. schwierig machen können…

 

  • Menschen

    • Zu Weihnachten kommen viele Menschen zusammen. Man trifft möglicherweise auf Familienmitglieder, die man womöglich nur 1 Mal im Jahr oder sogar noch seltener sieht, womöglich sogar noch gar nicht kennt. Und diese fremden Menschen kommen plötzlich mit einem schrillen: “Ja schau mal, wer da ist….“ und ausgebreiteten Armen auf einen zugelaufen…. 

    • HILFE! 

    • Die Chance, die Feierstimmung bereits jetzt zum Kippen zu bringen, ist hoch!

 

  • Temperaturen

    • Ja, Weihnachten ist im Winter. Oftmals meinen es die Gastgeber aber zu gut und heizen „die gute Stube“ sogar noch extra auf… Es kann also, gerade wenn mehrere Menschen da sind, sehr schnell viel zu warm werden. Überlegt euch Kleidung, die ihr nach dem „Zwiebelprinzip“ tragen könnt. Statt nur einem warmen Pulli evtl. eher ein T-Shirt, darüber einen leichten Pulli und dazu eine Weste oder Strickjacke. Dann könnt ihr selbst entscheiden, wie warm es für euch sein darf.

 

  • Essen

    • In vielen Familien gibt es traditionelle Weihnachtsgerichte. Klärt am besten vorher, wenn ihr oder eure Kinder das angebotene Essen womöglich nicht mögen. Bietet an, euer eigenes Essen mitbringen zu dürfen. Und legt euch schon mal schlagfertige Antworten zurecht, wenn dann die Fragen kommen… „Ja, schmeckt dir denn kein Gänsebraten?“ „Magst du nicht doch mal kosten?“ „Muss es immer die Extrabehandlung sein?“

 

  • Düfte

    • Wo wir gerade beim Thema „Essen“ waren. Meist umfangen einen direkt beim Betreten des Hauses, in dem die Feierlichkeiten stattfinden sollen, Düfte. Düfte vom Weihnachtsessen, den Plätzchen, dem Räuchermännchen, dem Tannenbaum, den Kerzen, den verschiedenen Menschen mit ihren Deos, Parfums, Zigaretten oder sonstigen Gerüchen… Vielleicht kann ein Platz am Fenster ein wenig Abhilfe schaffen.

 

  • Geschenke

    • Zum Thema Geschenke haben wir ja schon Blogartikel / Podcasts gemacht. („Autismus und Geschenke“ und „Überraschung! – Nein danke.“)

    • Geschenke sind mitunter unaushaltbar spannend. 

    • Vielleicht kann man die Abfolge der Feierlichkeiten so gestalten, dass es zuerst die Geschenke gibt und danach das Essen? Vielleicht möchtet ihr oder Euer Kind die Geschenke auch lieber allein, ohne Erwartungsdruck des Schenkendem („Und??? Gefällt es dir???“) auspacken? Klärt auch dies am besten im Vorfeld ab - und wappnet euch auf hier schon mal für die Fragen und Kommentare, die vermutlich zu erwarten sind…

 

  • Fehlende Rückzugsmöglichkeiten

    • Feiern ist anstrengend. Sprecht auch hier bereits vorher ab, wo z.B. ein Rückzugsraum geschaffen werden kann, damit man zwischendurch unauffällig und ohne Rechtfertigung und Erklärung eine Pause machen kann vom Feier-Trubel.

 

  • Diskussionen über den Sinn und Zweck des Weihnachtsfestes

    • Diese Gespräche sind für mich immer die Brandbeschleuniger an Weihnachten. Onkel Karl: „Warum feiern wir das überhaupt? Ich glaub eh nicht an Gott und so!“ 

    • Tante Frida: „Jetzt reiß dich mal zusammen, man kann ja wohl einmal im Jahr in eine Kirche gehen.“

    • Oma Trude: „Also letzten Sonntag hat der Pfarrer gesagt, dass alle, die nur zur Weihnachtsmesse erscheinen, eigentlich besser zu Hause bleiben sollen.“

    • Onkel Karl: „Siehste!?“

    • Cousin Frank: „Ist doch eh alles nur noch Kommerz…“

    • Zack: Verbales Handgemenge…

 

Selbst in (angeblich) neurotypischen Familien kommt es gerade zu Weihnachten außerordentlich oft zu Streitereien.

Man hockt über Stunden mit mehr oder minder bekannten Menschen zusammen auf engem Raum, spricht über Themen, die einen nicht wirklich interessieren, wird womöglich hineingezogen in politische Debatten mit fragwürdigen Inhalten oder unpassende Darlegungen von möglichen Beziehungsschwierigkeiten…

 

Wenn ihr mögt, erstellt tatsächlich in den Wochen vor dem Weihnachtsfest einen Ablaufplan.

Wer feiert wann und wie lange, wo mit wem? Was gibt es zu essen? Wo gibt es Rückzugsmöglichkeiten? Können wir später kommen und / oder früher gehen? Wer sitzt wo? Was ziehe ich an?

Ihr könnt auch schon mal üben: „Wen begrüße ich wie?“ oder „Wie kann ich mich zurückziehen?“.

 

Die Erwartungen an DAS FEST sind oft riesig - und das, wo so ziemlich jeder der Gäste unterschiedliche Erwartungen hat… Es käme beinah einem Wunder gleich, wenn es da nicht zu Missverständnissen käme…

 

Schreibt euch mal alle Fragen auf, die euch in Bezug auf das Weihnachtsfest beschäftigen und versucht mit soviel Klarheit wie möglich und so viel Vorbereitung wie nötig in die Feierlichkeiten zu starten.

 

Sorgt gut für euch und bleibt neugierig.

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