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Janina Jörgens

Co-Regulation - Werde umso ruhiger, je lauter dein Gegenüber wird


Mutter tröstet Kind


Wir Menschen sind „soziale Wesen“ - auch wenn es manchmal da draußen in der Welt beinah anders aussieht…

 

Wir besitzen „Spiegelneuronen“, wir reagieren auf unsere Umwelt, auf unsere Mitmenschen. Ob wir wollen, oder auch nicht und ganz egal, ob das in dem jeweiligen Moment gut, angebracht und zielführend ist oder nicht.

 

Diese menschlichen Besonderheiten sind aber auch durchaus nützlich und hilfreich, wenn man sich ihrer erst einmal bewusst wird.

 

Im Umgang mit autistischen Menschen zum Beispiel kann man durch sein eigenes Verhalten seinem Gegenüber helfen.

 

Wenn sich jemand in einem Overload befindet oder gar in einen Meltdown gerät, ist das oft eine sehr überwältigende Situation - für alle Beteiligten. 

Plötzlich wird ein Verhalten an den Tag gelegt, welches nicht bekannt, nicht sozial angemessen, „herausfordernd“ ist und im schlimmsten Fall sogar potentiell gefährlich werden kann.

Es wird womöglich hektisch und auch laut. 

 

Von Außenstehenden ist hier oft leider keine Hilfe zu erwarten. Tatsächlich wird die Situation durch Unkenntnis sogar noch weiter durch die Umgebung „angeheizt“.

Derjenige, der sich da gerade in einer Krisensituation (Overload/ Meltdown) befindet, ist in dem Moment nahezu hilflos, er ist gefühlt machtlos seiner Panik ausgeliefert.

 

Hier braucht es Ruhe, Stabilität und Sicherheit.

Nur vertraute Personen wissen, was dem Betreffenden in solchen Momenten wirklich effektiv am besten hilft.

 

Was aber mit relativer Sicherheit nicht hilft, ist anstarren, Ratschläge geben, Fragen stellen, schimpfen, mit der Polizei drohen, daran erinnern, dass dieses Verhalten jetzt aber äußerst unangemessen ist.

 

Es gilt die Ruhe zu bewahren, den Betroffenen wenn möglich an einen ruhigen Ort zu bringen und durch die eigene, ruhige Anwesenheit Sicherheit zu geben.

 

Je aufgeladener die Situation im Außen wird, umso mehr sind die Begleitpersonen aufgefordert, bewusst in die Ruhe zu gehen.

 

Auch in 1-zu-1-Situationen zu Hause…

Wenn das Kind zu Hause die Masken des Tages fallen lässt und laut wird, schimpft, Forderungen stellt, diskutiert, „stört“, können sich die Bezugspersonen daran erinnern, dass das Kind das nur hier tun kann. 

Denn nur zu Hause fühlt es sich sicher genug, um sich mit all seinen Gefühlen zu zeigen, um all dem Ärger und Stress des Tages Luft zu machen.

 

Auch hier hilft es leider nicht, wenn wir uns dann - oft unbewusst - auf eine ähnliche Ebene begeben und uns auf Streitereien oder Diskussionen einlassen, Verhalten hinterfragen, Situationen versuchen zu erläutern.

 

Tatsächlich hilft es oft mehr, wenn wir ruhiger werden.

Die Betroffenen sind ggf. im Panik-Modus, und der ist seit Anbeginn der Menschheit ähnlich: Kampf, Flucht oder Erstarren.

In solch einer Extrem-Situation sind Fähigkeiten wie logisches Denken, intelligentes Handeln, Kreativität außer Kraft gesetzt. Es geht (gefühlt) um das reine Überleben.

 

Es ist unfair, diese starken Gefühle von Panik, Autonomieverlust etc. nicht anzuerkennen und herunterzuspielen, denn so fühlt es sich für den Betroffenen an, wenn man von außen beginnt, eine Situation als „harmlos“ einzuschätzen und zu betiteln. „Ist doch alles gar nicht so schlimm…“ „Was hast du denn? Es ist doch alles in Ordnung!“

 

Deeskalationsversuche wie Erklärungen, Alternativangebote, das Versprechen von möglichen Belohnungen helfen auch nichts, da vermutlich so gut wie nichts von alldem in einem solch schwierigen Moment bei meinem Gegenüber ankommt. Logisches Denken ist dann zeitweise einfach nicht möglich.

 

Ich bin tatsächlich als mögliche Begleitperson am hilfreichsten, wenn ich alle Anwesenden vor Selbst- und Fremdgefährdung schütze (sich selbst eingeschlossen!) und ansonsten einfach „nur“ „da bin“.

Je lauter mein Gegenüber randaliert, umso ruhiger versuche ich zu werden.

 

Denn dadurch:

  • Gebe ich ein Beispiel für ein mögliches Alternativ-Verhalten.

  • Zeige ich an, dass es nicht für alle einen reellen Anlass zur Panik gibt, wir uns also in Sicherheit befinden.

  • Strahle ich Sicherheit aus. „Gemeinsam schaffen wir das!“

  • Heize ich die Situation nicht weiter an. 

Da neurodivergente Menschen oftmals hochempathisch sind, würde sich eine gegenseitige Panik und Unruhe sonst nur immer weiter steigern.

 

Erst einmal für größtmögliche Ruhe sorgen.

 

Alles andere kann man zu einem späteren, wieder ruhigen Zeitpunkt erklären, erarbeiten, einordnen, etc.

 

Und das ist auch sehr wichtig, denn wenn wir Krisen auch hier als Chancen begreifen, dann bietet uns jeder Overload, jeder Meltdown, jedes „herausfordernde Verhalten“ immer sehr gute Möglichkeiten, uns und unser Gegenüber wieder ein Stück besser kennenzulernen. Wir haben wieder einmal mehr gesehen, was löst Angst, Überforderung, schlechte Gefühle aus und was kann womöglich helfen.

 

Auch hier ist eine akzeptierende und offene gegenseitige Haltung absolut von Vorteil.

 

In diesem Sinne: Bleibt neugierig aufeinander!

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