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Janina Jörgens

Kommunikation braucht keine Worte - "Herzgeflüster"


Kind gibt Kind Herz in Hand


Ich mag Sprache, das Spielen mit Worten.

Daher habe ich den Schwerpunkt im Studium auch auf Sprache gelegt, als Heilpädagogin auf die „Rehabilitation der Sprache“.

Anschließend habe ich über 20 Jahre als Sprachtherapeutin gearbeitet. In eigener Praxis, so konnte ich mir mein Klientel „aussuchen“. Und meine Lieblingsklienten waren Autisten und (noch-) nichtsprechende Menschen.

 

Ausgerechnet! Schließt sich das nicht aus???

 

Nein, ganz im Gegenteil. ;-)

 

Die DeutschHipHopBand „Die Fantastischen Vier“ haben mal ein Lied rausgebracht mit dem Titel: „Laut reden nichts sagen“. 

Dort wiederholt sich im Refrain immer wieder die Zeile: „Du redest laut, doch du sagst gar nix!“

Und das ist etwas, was mich in der Welt sehr oft stört. Oberflächliches Wortgeplänkel ohne Hintergrund, tatsächlich sogar oft genug ohne Sinn. Der Ansatz „Wer am lautesten schreit, gewinnt“ oder „Erst schreien, dann fragen…“ …

Ich kann daher meine autistischen Klienten absolut verstehen, wenn sie Small Talk nicht mögen, sogar ablehnen. (Wir üben das natürlich trotzdem, wenn gewünscht. ;-) )

 

Und ein „Laut reden - nix sagen“ begegnet mir weder bei (noch-) nichtsprechenden Menschen noch bei Autisten. ;-)


Kommunikation läuft eben nicht nur über Worte. 

Tatsächlich sollen ca. 50% der übermittelten Informationen in einem Gespräch nonverbal, also über Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blicke, etc. signalisiert werden.

 

Als hochsensibler Mensch nehme ich die Schwingungen und Gefühle meines Gegenübers extrem schnell auf. So kann ich leicht Kontakt zu (noch-) nichtsprechenden Menschen aufnehmen.

Zusätzlich beobachte ich gern und spiegele dann meinen „Gesprächspartner“, biete ihm also seine Kommunikationsvarianten an. So begegnen wir uns zunächst auf seinem, bereits bekannten und somit sicheren Level. 

Der schönste Moment ist, wenn ich ein „Wow! Da ist jemand, der „hört“ mich, der versteht mich!“ in Mimik, Gestik oder Blick erkennen kann. Leider wird diese Freude zu Beginn oft schnell von einem erneuten Zweifel überdeckt.

Aber ich lasse mich gern testen und biete mich gern immer wieder auf dem Level an - so lange, bis wir beginnen, uns auf diesem Level auszutauschen.

Das sind wirklich magische Augenblicke!

 

Durch dieses „Verstehen“ und dem ersten Kommunizieren über nonverbale Mittel nähern wir uns an, fassen Vertrauen, bauen Druck ab. Und in einer druckfreien Umgebung kommen diejenigen, die es können, relativ schnell auch zu den ersten Worten und dann in die verbale Sprache. 

Immer wieder staune ich, wie gut viele der (noch-) nichtsprechenden Kinder sich dennoch zu verständigen wissen. Sie führen ihre Begleitpersonen zu gewünschten Gegenständen, sie zeigen, nutzen mitunter intuitiv Symbole, ohne dass es ihnen jemand hätte zeigen müssen.

 

Tatsächlich scheint auch hier Druckfreiheit und Akzeptanz einer der besten Schlüssel zu sein.

 

Daher spreche ich auch von (noch-) nichtsprechenden Menschen. Dies ist ein Grundsatz aus einem Ansatz der Therapie bei Mutismus (u.a. „DortMut“), den ich einfach großartig finde. Denn dort geht man davon aus, dass der Mensch grundsätzlich ein kommunikatives Wesen ist, welches sich mitteilen möchte. Und bei manch einem funktioniert dies einfach „noch nicht“ auf verbalem Wege. Aber dieses „noch nicht“ hält weiterhin alle Möglichkeiten offen. Der Begriff „nichtsprechend“ steckt einen Klienten dagegen bereits in die Schublade: Spricht nicht.

„Noch nicht“ ist viel hoffnungsvoller, hält Möglichkeiten in Kopf und Herz offen.

 

Denn gerade bei Autisten ist es durchaus möglich, dass sie einen späteren Sprachbeginn zeigen - auch mal einen viel späteren… 

Den spätesten Sprachbeginn, den ich begleiten durfte, zeigte eine Klientin mit 21 Jahren! ;-)

 

Also: alles ist möglich.

 

In diesem Sinne: 

Bleibt neugierig aufeinander!


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