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Janina Jörgens

Oversharing / Klugscheißern - Eine Form des Stimmigs?


Kluges Kind


Wir sprachen neulich in einer Teamsitzung unter Kollegen über einige unserer Fälle.

 

Eine Kollegin berichtete von einem 6-jährigen Asperger, hochintelligent, sozial unstabil, welcher sie mit seiner „Klugscheißerei“ ganz schön triggert.

 

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass „Klugscheißern“ meist keinesfalls böse gemeint ist.

 

Im Gegenteil - man möchte doch gern helfen, sein Wissen weitergeben, andere daran teilhaben lassen, gemeinsam weitere Lösungen entwerfen…

 

Wenn man dann allerdings das Gegenteil damit erreicht, Spott und Häme ausgesetzt ist oder gar gemaßregelt oder bestraft wird… dann versteht man die Welt nur umso weniger…

 

 

Warum neigen neurodivergente Menschen so zum „Klugscheißertum“ (neudeutsch auch als „Oversharing“ bekannt)?

 

 

Zum Einen haben z.B. Autisten in ihren Spezialinteressen ein sehr tiefes und fundiertes Wissen, welches sie sich leicht aneignen und zum Besten geben.

 

Hier haben sie endlich mal einen Wissens- und Könnensvorsprung. Es tut gut, diesen auch mal auszuspielen und nicht immer derjenige zu sein, der etwas nicht so gut kann wie die anderen…

 

 

Zum Anderen kann „Klugscheißerei“ durchaus auch eine Art des Stimmings sein. Tatsächlich beobachte ich oft, dass Menschen aus dem AutismusSpektrum, gerade wenn sie unter Stress oder Druck geraten, noch viel mehr zum Monologisieren neigen, als sie es vielleicht schon im „normalen“ Alltag tun. 

 

Es kann ein Ventil sein, man kann Druck abbauen. 

 

Solange man selbst spricht, spricht einem niemand dazwischen - also bloß keine Pausen machen oder Gegenfragen oder -argumente zulassen…

 

Ähnlich wie mit „safe Foods“ beim Essen hat man hier einen Sicherheitsbereich, indem man selbst die Wissensmacht hat.

 

 

Wenn wir also auch in diesem Bereich erkennen können, dass die unerbetene Wissensvermittlung nicht den Zweck hat, andere zu brüskieren, sich über andere zu stellen, sondern gegebenenfalls zum eigenen Stressabbau und zum Erhalt der eigenen Sicherheit dient, dann können wir dies möglicherweise besser tolerieren.

 

Also eine Bitte: Ähnlich wie bei anderen Formen des Stimmings: 

Bitte nicht unterbinden!

 

Ja, es kann wichtig sein, gemeinsam in ruhigen Momenten zu besprechen und zu erläutern, warum manche Menschen auf „Klugscheißerei“ so negativ reagieren und wann, wo und mit wem man wieviel Klugscheißerei zulassen kann. 

 

Man kann möglicherweise ein Geheimzeichen vereinbaren, mit dem einen Außenstehende darauf aufmerksam machen können, dass es womöglich Zeit für eine Redepause ist.

 

Es kann auch schön sein, wenn man vielleicht „Klugscheißer-Battles“ ins Leben rufen kann, wo man sich nach Herzenslust und gegenseitiger Absprache mit jemandem „geistig duellieren“ kann.

 

Ich mache das mit meinen Klienten absolut gern, mit viel Spaß und Leidenschaft. 

 

Und ich finde es großartig, was man dabei lernen, entdecken und „zwischen den Zeilen“ erkennen kann!

 

In diesem Sinne: Bleibt neugierig aufeinander.

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