„Welcome to Winterwonderland“ - so prangt bereits an der Haustür ein unübersehbares Schild, als ich Finn und seine Familie Anfang Dezember besuche.
Und ich staune nicht schlecht, denn schon im Vorgarten stehen neben einer beleuchteten Pinguin-Familie auf einem Schlitten ein paar Lichter-Geschenke, 3 mit Lichterketten geschmückte Tannenbäume und ein Weihnachtswichtel, der mir schmunzelnd den Weg zur Eingangstür weist.
Na - was ist denn hier los??? Im Rest Deutschlands wird zwar auch nach und nach aufgerüstet, was die vorweihnachtliche Beleuchtung angeht… aber hier ist scheinbar schon alles im vollen Gange!
Der Schmuck lässt das regnerische Grau fast vergessen…
Als sich die Tür öffnet, geht es auch in den Räumen schon festlich geschmückt weiter. Überall Lichterketten, Weihnachtswichtel, Pyramiden, Räuchermännchen, ja es gibt sogar 2 Adventskränze - einen in der Küche und einen im Wohnzimmer.
Und natürlich gibt es Adventskalender! Klar! Für jedes Kind 2 Stück und für jeden Elternteil einen - macht in Summe 6 Stück… ;-)
Ohaaaa! ;-)
Finns Mama bemerkt mein Staunen und erklärt:
„Wir lieben die Weihnachtszeit und deshalb können wir gar nicht früh genug anfangen, zu dekorieren.“ Sie lächelt und Finn kommt aus seinem Zimmer gestürmt.
„Schau mal!“ Er nimmt meine Hand und ich bekomme erst mal eine ausführliche Haus-Führung, bei der mir alles an Dekorationen gezeigt und jeder Sinn und jede Idee dahinter genauestens erläutert wird.
„Und wie feiern Sie dann den Heiligabend?“, frage ich neugierig, als unser Rundgang beendet ist - denn so ein vorweihnachtliches Aufgebot ist selbst mir bislang noch nicht untergekommen… Wie will man das noch toppen???
„Tja, also da haben wir einen Plan, den Finn ausgetüftelt hat.“
Der Plan hängt am Kühlschrank, umrahmt von einer Mini-Weihnachtsgirlande und geschmückt mit goldenen Sternen.
8 Uhr aufstehen
9 Uhr Weihnachtsfrühstück (s. Plan)
11.30 Uhr Oma und Opa abholen
13.00 Uhr Mittagessen
14-15.00 Uhr Pause
15.00 Uhr Baum schmücken
16.30 Uhr Spaziergang mit Oma und Opa
18.00 Uhr Abendessen (s. Plan)
18.45 Uhr Geschenke
21 Uhr schlafen gehen
„Prima!“, lache ich. „Dann ist in dieser Hinsicht ja schon mal alles klar!“
Finn nickt stolz und zufrieden.
Nicht nur der Heiligabend ist gut geplant.
Ich erfahre, dass Finn und seine Familie eigentlich die gesamte Vorweihnachtszeit durchstrukturiert haben.
Es steht fest, was an welchem Adventssonntag gekocht, wann welcher Weihnachtsmarkt besucht, wann die Baumdekoration aus dem Keller geholt, wann Weihnachtskarten gebastelt und geschrieben werden und was am Heiligabend angezogen wird.
Manch Einem würde es womöglich gefühlt die Luft abschnüren, einem solchen Planmomument unterworfen zu werden - für Finn und seine Familie ist es aber ganz im Gegenteil nicht nur eine hilfreiche und Sicherheit gebende Struktur, sondern es macht allen Beteiligten auch einen riesigen Spaß.
„Eigentlich warten wir jedes Jahr 11 Monate lang nur auf den Dezember!“, gesteht Finn´s Mama lachend.
Alle leben und lieben Weihnachten in dieser Familie - das ist unüberseh- und unüberspürbar.
Finn darf seine Pläne einbringen, denn er und seine Familie wissen, wie viel Sicherheit und Ruhe ihm Planbarkeit und Struktur bieten - das gilt für ihn auch in vielen anderen Lebensbereichen.
Mama freut sich, denn durch Finns Pläne kann auch sie nichts vergessen.
Immer werden auch ganz bewusst Pausen eingeplant, denn auch wenn Weihnachten die größte Freude bedeutet, ist es stets verbunden mit vielen verschiedenen Sinneseindrücken. Und auch „Freu-Stress“ ist Stress. Auch das darf man anerkennen und sich die erforderlichen Auszeiten gönnen.
So erinnert in Finns Zimmer tatsächlich nur sein Adventskalender daran, dass wir uns auf Weihnachten zubewegen. Andere Deko möchte Finn in seinem Zimmer nicht. „Sonst kann ich nicht schlafen!“, gesteht er.
Ein wundervolles Beispiel, dass „Weihnachten mit Autisten“ nicht immer reizarm und möglichst unbemerkt stattfinden muss…
Auch hier ist es wieder eine ganz individuelle Gestaltung.
Also: Wie sieht euer perfektes Weihnachtsfest aus?
Bleibt neugierig!
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