„Also, das Kind ist völlig unkooperativ! Der macht ja bei nichts mit, lässt sich für nichts begeistern und probiert noch nicht mal etwas aus!“
…
Aha…
Ähm… wo fange ich an?
Also, wenn ein Kind nicht gefügig bei Angeboten von Erwachsenen mitmacht, gilt es als bockig? Unkooperativ? Eigensinnig?
Ist das nicht vielmehr eine Eigenschaft, die ich an meinem eigenen Kind womöglich durchaus schätzen würde? Spätestens dann, wenn ihm von einer fremden Person aus einem Auto heraus Süßigkeiten angeboten werden!?
Versuchen wir doch mal einen Perspektivwechsel.
Wenn ich neurodivergente Kinder beobachte, die - nennen wir es mal - „zurückhaltend“ auf Angebote reagieren, die von außen an sie herangetragen werden, dann bin ich jedes Mal begeistert.
Was??? Warum denn das?
Nun, es zeigt mir, dass sich dieses Kind noch im Kontaktaufbau mit der anderen Person befindet. Es zeigt mir, dass hier noch nicht die ausreichende Sicherheit für dieses Kind besteht, die es bräuchte. Also dürfen wir uns mehr Zeit für einen gelingenden Kontaktaufbau gönnen!
Weiterhin freue ich mich, weil ich hier ein durchaus gesundes Verhalten beobachte! Hier sehe ich einen Menschen, der sehr bewusst und nachdrücklich auf sich und seine Bedürfnisse achtet und seine Grenzen wahrt!
Eine Eigenschaft, die für jeden Menschen wichtig wäre - insbesondere jedoch für Menschen mit einer Neurodivergenz!
Die meisten Menschen haben diese Fähigkeit im Erwachsenenalter verloren, gehen ständig über ihre eigenen Grenzen, beuten ihre Ressourcen aus: auf Burnout komm raus!
Diese Fähigkeit, die eigenen Grenzen zu erkennen, sie anzuerkennen, zu benennen und zu wahren, wird durch Methoden wie z.B. ABA zunichte gemacht. Maskieren wird gefördert, ein gesunder Umgang mit den eigenen Kraftreserven zerstört.
Wenn ich also ein Kind beobachte, welches nicht wie vielleicht andere Kinder in den Kontakt geht, kann ich mich fragen, warum das so ist, ob das Kind noch andere Sicherheiten braucht, zur Zeit keine Kraft für weitere Aktivitäten hat, usw.
Wenn ich ein Kind nicht begeistern kann, kann ich als Erwachsener vielleicht auch mein Angebot überdenken… Wenn nur ich das spannend finde, muss ich mich doch nicht wundern, oder? Vielleicht kann ich mich ja erst mal auf die Wünsche und Ideen des Kindes einlassen und so Motive der intrinsischen Motivation entdecken? Wenn ich die nämlich gefunden habe, funktioniert ein Miteinander meist ganz von allein.
Mache ich mich auf eine solche Entdeckungstour nach den Ursachen für ein „Nicht Mitmachen“, kann ich vielleicht auch verstehen, was es braucht, um doch in ein gemeinsames Tun zu kommen, um Neues ausprobieren zu können…
Hier kann sprechen helfen. Aber noch wichtiger: Zuhören!
Und wenn dein Gegenüber noch nicht spricht?
Kommunikation braucht keine Worte! Dann beobachte!
Erfahre mehr hierzu im folgenden Artikel mit dem Titel: Vom “Sprechen und Zuhören”.
Bleibt neugierig!
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