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Janina Jörgens

„Hier bekommt niemand eine Extrawurst!“ - Inklusion in Schulen?


Strenge Lehrerin


„Hier bekommt niemand eine Extrawurst!“ - das war der endgültig abschließende Kommentar von Lisa´s Klassenlehrerin nach einem Elterngespräch.

 

Lisa und ihre Eltern waren empört und verwirrt - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen…

 

Lisa´s Eltern war es vollkommen unbegreiflich, wie pädagogisches Personal auch noch in der heutigen Zeit, in der Integration seit 30 Jahren ein verankertes Grundrecht darstellt, so agieren kann… Wie können solche Aussagen auch von der Schulleitung einfach so akzeptiert werden? Wie kann es sein, dass Kinder wie Lisa so „fallen gelassen“ (RW) werden? Warum erhalten sie so oft nicht die Unterstützung, die ihnen ein leichteres Lernen möglich machen würde.

 

In Lisa´s Fall, wie in so vielen anderen, war „nur“ die Bitte um „Weniger“ geäußert worden. Nicht „Mehr“…

Niemand hätte mehr tun, sich mehr engagieren, Zeit, Geld, Energie einsetzen müssen. Lisa brauchte „weniger“. Weniger Ansprache, weniger Berührungen, weniger Kommunikation, weniger Pausen…

 

Aber nein: „Hier bekommt niemand eine Extrawurst!“

 

Lisa war auch empört und verwirrt.

 

Und zunächst dachten ihre Eltern, man würde über dieselben Hintergründe den Kopf schütteln und sich - zu Recht - aufregen.

 

Abends jedoch kam zufällig zum Vorschein, worum sich Lisa´s Gedanken drehten.

 

Ihre Empörung und Verwirrung: „Wieso Extrawurst? Ich bin Vegetarierin! Die Lehrerin weiß auch wirklich gar nichts über mich! Außerdem: Wieso wird jetzt neuerdings Wurst in der Schule verteilt? Alle Menschen sollten weniger Fleisch essen!“

 

Ok, zwar waren die Hintergründe unterschiedlich - dennoch blieben alle traurig und still zurück.

 

Solche Kommentare rauben oft die letzten Kraftreserven.

 

Eigentlich sollten die Kinder und ihre Eltern nicht um notwendige Hilfen betteln müssen! Eigentlich sollte die Schule als Bildungsinstitution dafür verantwortlich sein, ein Lernen für jeden und jede möglich zu machen. 

 

Ja, in Deutschland gibt es die „Schulpflicht“.

Wäre es nicht möglich, anzuerkennen, dass „Schulpflicht“ keine Einbahnstraße ist? Dass es nicht immer erst mal scheinbar nur am Kind bzw. seinen Eltern liegt, wenn ein Schüler oder eine Schülerin die Schule nicht oder nicht mehr besuchen kann?

 

Wäre es nicht möglich, hier eine Richtungskorrektur anzugehen in Richtung „Bildungspflicht“?

So viele Anforderungen in Schulen sind für Kinder unschaffbar - oder nur unter großen Mühen und auf Kosten der Kinder zu bewältigen.

 

Das System verlangt, dass alle Kinder im selben Alter dieselben Dinge zur selben Zeit lernen.

Das kann nicht funktionieren…

Und das beweisen wird doch nun auch schon seit ein paar Jahren konsequent in Erhebungen wie z.B. der PISA-Studie.

 

Wann passiert ein Wandel!?

 

Vor 15 Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft getreten. Zwischenzeitlich fanden mehrere Prüfungen statt, denn so richtig „in Gang“ kommt in Deutschland nur langsam etwas…

 

Und bis auch unsichtbare Behinderungen „gesehen“ werden, kann es offensichtlich noch länger dauern…

 

Ach - ich könnte mich ewig weiter aufregen…

Und das tue ich auch meist jeden Tag, denn dieses Thema ist in Therapie und Beratung leider mein Alltag…

 

Umso wichtiger ist es, auch die Lichtblicke zu würdigen! 

Die kleinen Gesten, Ideen, kreativen Alternativen!

 

Die neue Lernbegleitung, die von selbst nachfragt: „Wie kann ich ihren Sohn denn am besten begrüßen, wenn wir uns zum ersten Mal begegnen?“.

Der Lehrer, der für alle Kinder ein riesiges Stimmungsbarometer an der Klassentür befestigte und die Stimmungsabfrage zum einem für alle wertvollen Tagesritual machte.

Der Schulhausmeister, dessen Küche immer für alle Kinder offen steht, die mal eine Pause von den anderen brauchen.

 

Es gibt sie, diese Lichtblicke!

 

Bleibt stark und bleibt neugierig!

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