Nein, das tue ich wahrhaftig nicht.
Ich hole sie nur da ab, wo sie stehen - im gesamten Prozess, aber auch zu jedem neuen Aufeinandertreffen…
Ich sorge für eine Regulation des Systems - des eigenen Systems und dem der Familie und möglichst auch von allen weiteren beteiligten Personen.
Und das gelingt am besten, einfachsten und nachhaltigsten, wenn ich Vertrauen aufbaue, allen erst mal ihre Zeit und ihren Raum gebe. Nur dann können sich die Beteiligten öffnen für neue Ideen.
Neue Ideen sind erst mal für ein bestehendes System gefährlich.
Wie reagiert die Menschheit auf neue Ideen? Meist erst einmal mit Abwehr… Denken wir mal an „diesen neumodischen Kram“ wie zum Beispiel neue Musikrichtungen… Jede Generation schaut missbilligend auf die musikalischen Auswüchse der nächsten und übernächsten… und irgendwann gewöhnen sich alle mehr oder minder daran… Oder das Beispiel „Ernährung“ - welche Grabenkriege entfachen sich hier zum Beispiel bzgl. vegetarischer oder gar veganer Ernährung… Und es finden sich nicht enden wollend weitere Beispiele: „Mit Maschinen durch die Luft zu fliegen, ist absolut unmöglich!“ (Aussage S. Newcomb zu den ersten Entwürfen von „Flugmaschinen”)…
So und so ähnlich geht es oftmals auch meinen Klienten und ihren Familien. Sie haben sich bisher selbst „durchgeschlagen“, ihre Systeme funktionieren - vielleicht nicht optimal und vermutlich nicht für jeden gut, aber sie funktionieren. Und nun kommt da jemand und will etwas ändern???
Da muss erst mal gecheckt werden. Sind die Ideen und Methoden sicher? Sind sie sicher für mich? Ist die Person, die Idee, die da in mein Leben getreten ist überhaupt vertrauenswürdig?
Also sorge ich in der ersten Zeit erst einmal dafür, dass man sich bei mir wohl und sicher fühlen kann - manchmal erleben meine Klienten eine solche Sicherheit außerhalb des eigenen Zuhauses zum ersten Mal… Da ist es verständlich, wenn man dem Frieden zunächst gar nicht so recht trauen kann…
Wir schauen also erst einmal, was alle Parteien gerne mögen und ich biete freudvolle gemeinsame Aktivitäten an, die wir zusammen erleben und entdecken.
Währenddessen erläutere ich beiläufig, was wir hier machen können, wobei ich möglicherweise helfen kann, was eventuell andere Klienten schon so alles erlebt haben. Ich bin nahbar, authentisch. Berichte aus eigenem Erleben, zeige, dass nicht immer alles einfach ist und auch erwachsene Menschen und „Fachkräfte“ eben „nur“ Menschen sind, berichte von Lösungsmöglichkeiten - erfolgreichen und nicht erfolgreichen… alles nur, wenn es grad passt, manchmal auch nur als halben Nebensatz…
So kommen wir uns näher, stellen uns aufeinander ein, lassen möglicherweise ein paar Masken fallen.
Ja - bis dahin vergeht erst mal etwas Zeit, mal mehr und mal weniger… aber dann!!!!
Dann wird es über alle Maßen intensiv! Dann kann es schnell gehen - und vor allem geht es tief!
Ich kann hier keinen Zeitplan angeben, denn oftmals passiert auch die Entwicklung „nebenbei“.
Dann sitzen wir zum Beispiel im Therapieraum und basteln. „Nebenbei“ wird erzählt. Und plötzlich tauchen Fragen auf („Warum umarmen sich Menschen eigentlich dauernd?“, „Warum muss man sich im Unterricht mündlich beteiligen?“…). Auf einmal werden Ereignisse und Begebenheiten berichtet, die nachbesprochen werden wollen („Meine Kollegin hat mich dann ganz komisch angeschaut!“ „Mein Bruder hat wieder meine Legos durcheinandergebracht!“…).
Und dann sitze ich mit meinen Klienten da und wir arbeiten. Selbst mit meinen jungen und jüngsten Klienten arbeiten wir dann oft tiefer als so manch neurotypischer Erwachsener sich das selbst jemals bei einem Coach oder Therapeuten trauen würde!
Ja - ich arbeite anders. Das ist möglich (oder eher sehr wahrscheinlich ;-)).
Aber so, wie ich arbeite, ist es für mich am sinnvollsten.
Ich habe in den letzten 25 Jahren sehr oft nach links und rechts geschaut, habe die Arbeit meiner Kolleginnen beobachtet, Fortbildungen besucht und Bücher gelesen. Und ich habe mich immer und immer wieder hinterfragt.
Ja, auch mein innerer Kritiker ist ein Riese! Allerdings ein Scheinriese… je mehr ich ihn beobachte, hinterfrage und dann in seine Schranken weise, umso kleiner wird er.
Denn früher (und auch heute noch manchmal) habe ich oft gezweifelt, habe versucht, es so zu machen wie „man das macht“… Und ich bin jedes Mal kläglich gescheitert…
Einfach, weil ich „ich“ bin und nicht „man“.
Und wenn ich in meinem Leben und meiner Arbeit authentisch sein will und (wie ich finde) sein muss, dann muss ich es mir gestatten, meinen Weg zu gehen.
Sobald ich tat, was „man“ in der Therapie so tun soll, entfernten sich meine Klienten von mir. Auf einmal hatten sie keine Lust mehr zu kommen, saßen mit schlechter Laune, schweigend und trotzig vor mir und es gab kein Weiterkommen. Minuten wurden gefühlt zu Stunden, alles war zäh, krampfig und schwierig und ich am Ende des Tages völlig am Ende mit mir selbst…
Das konnte also nicht richtig sein!
Jeder soll seinen eigenen, passenden Weg finden! Das propagiere ich auch in jeder Fortbildung - beinah schon wie ein Mantra…
Wenn Du nicht gern mit Handpuppen arbeitest - dann mach das nicht! Du machst dich deinen Klienten gegenüber sonst nur unglaubwürdig.
Wenn Du nicht gern singst - dann mach das nicht! Biete Lieder zum Mitsingen via CD, YouTube oder was auch immer an!
Bleib in Deiner Sicherheit.
Beobachte Dich, Deine Klienten/ Kinder/ Schüler, Deine Kollegen und auch das Methodenangebot, welches sich glücklicherweise immer weiterentwickelt.
Wähle sorgsam, was zu Dir, zu Euch passt.
Und - bleib neugierig!!!
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