Was ist Refraiming?
Refraiming bedeutet übersetzt soviel wie „In einen anderen Rahmen setzen“ und ist eine ganz großartige Methode oder sogar Grundhaltung Menschen gegenüber.
Denn jeder Mensch funktioniert anders, ist eben ein Individuum mit seinen ganz eigenen Bedürfnissen, Ideen, Sorgen usw..
Und mein „Rahmen“, also die Art, wie ich meine Welt wahrnehme und interpretiere, ist vielleicht völlig unterschiedlich von dem „Rahmen“ meines Gegenübers…
Wir wollen heute mal ein paar Beispiele durchdenken, die gerade zur Weihnachtszeit mit ihren vielen sozialen Regeln und Kontakten insbesondere für neurodivergente Menschen Schwierigkeiten mit sich bringen könnten…
Alles Beispiele. Ihr könnt gern auch von euren Erlebnissen berichten!!!
Lara mag keine Geschenkverpackungen.
Nicht, obwohl sie so schön verpackt sind - sondern weil sie so schön verpackt sind.
Warum? Was passiert da? (Möglicherweise)
Zum Einen weiß Lara durch die Verpackung nicht, was sie jetzt erwartet… Wird ihr das Geschenk gefallen? Was mag das sein? - Überraschungen sind gerade für neurodivergente Menschen oft gar nicht so toll, wie das manch Neurotyp vermuten würde… Schaut dazu gern (noch)mal in den Blog Artikel: „Überraschung? Nein danke!“.
Zum Anderen ist die Verpackung so schön - sie müsste sie beim Auspacken ja zerstören. Und was wäre, wenn im schlimmsten Fall die Verpackung schöner war, als das verpackte eigentliche Geschenk???
Und noch weiter gedacht kann alleine eine schöne Geschenkverpackung schon „überreizen“ - denn sie glitzert, knistert, Bändchen baumeln, ein aufgeknoteter Zweig oder eine Orangenschale riechen, zudem ist in der Verpackung vielleicht etwas, was sich in seinem Karton hin- und her bewegt oder etwas, was unter dem Papier ganz weich ist und dadurch eigenartige taktile Rückmeldungen gibt…
Tim möchte nicht mit der Familie am festlich gedeckten Tisch das Weihnachtsessen essen.
Nicht, obwohl es doch das tolle Weihnachtsessen ist - sondern weil es das „tolle“ Weihnachtsessen ist.
Warum? Was passiert da? (Möglicherweise)
Es könnte sein, dass Tim das angebotene Essen einfach nicht mag, nicht gewöhnt ist…
Es könnte auch sein, dass Tim nicht mit so vielen Personen am Tisch essen möchte, weil er sich beobachtet fühlt.
Es könnte ebenso gut sein, dass Tim nur dann essen möchte, wenn er seine Portion auf seinem Teller fertig angereicht bekommt und das Prinzip von „großen Schüsseln auf dem Tisch und jeder bedient sich“ aus seinem normalen Alltag nicht kennt.
Es könnte sein, dass Tim von all dem weihnachtlichen Trubel, der schon seit Tagen oder gar Wochen herrscht, der Appetit nun, genau zum Höhepunkt des weihnachtlichen Festessens, endgültig vergangen ist, er völlig überreizt und essen dadurch nicht möglich ist…
Martin ist zur Zeit maximal „grundsatzgestresst“.
Nicht, obwohl doch grad Ferien sind - sondern weil grad Ferien sind.
Warum? Was passiert da? (Möglicherweise)
Martin fehlen die gewohnten Strukturen, die durch den Stundenplan in der Schule und die sich immer wiederholenden Nachmittagstermine normalerweise seine Welt ein wenig ordnen und ihm Halt und Orientierung geben.
Martin hat Ferien, also werden vielleicht Aktivitäten geplant, die für andere Menschen schön, für Martin aber außerordentlich anstrengend sind. Z.B. Familienbesuche, Weihnachtsmärkte, Shoppingtour in die Stadt, etc.
Weil Ferien sind, gehen die Menschen in Martins Umfeld vielleicht davon aus, dass er ja nun gar keinen Stress haben kann und dementsprechend auch keine Pausen benötigt… Martin steht also zwischen all dem Weihnachtsglitzer unter Dauerstrom…
Refraiming kann also oft beginnen mit einem Umdenken von „obwohl“ zu „weil“.
Zu Beginn mag das möglicherweise noch schwer fallen, weil uns die Wahrnehmung unseres Gegenübers doch allzu fremd ist, oder zumindest manchmal allzu fremd scheint.
Stellt Hypothesen auf, stellt Fragen und geht mit offenem Herzen auf gemeinsame Entdeckungsreise.
„So erlebe ich das. Wie erlebst Du das?“ - Das könnten spannende Gespräche werden, vielleicht auch auf eurer Weihnachtsfeier?
Bleibt neugierig.
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