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Janina Jörgens

Stell dir vor es ist Schulgipfel - und keiner geht hin…


Schulgipfel


Unser Schulsystem ist krank!


Ja was hat es denn? Husten? Schnupfen? Na gut, die COVID-Langzeitfolgen, die sehen wir ja jetzt erst so langsam…


Gut - das Schulsystem ist krank. Aber was können wir denn nun tun?

Wir berufen einen Gipfel ein.

… und hochrangige Schulminister gehen nicht hin…? 


Große Tageszeitungen titeln: „Schulminister schwänzen den Schulgipfel“


Wenn Schüler die Schule schwänzen, soll dies vom Schüler begründet werden. Wenn sich ein Schüler dann erdreisten würde zu sagen: „Entschuldigung, Ihr Unterricht ist nicht gut vorbereitet, daher habe ich meine wertvolle Zeit anderweitig investiert.“ - na da wäre was los!


Aber mal ehrlich: Ich finde, das ist eine schlüssige, logische und nachvollziehbare Begründung, bei der derjenige sogar wichtige Priorisierungen getroffen hat…


Leider kommt auf so einem Schulgipfel, der einberufen wird, damit die wichtigen Stellen gemeinsam ins Gespräch kommen und auf Lösungssuche gehen können, so natürlich erst mal nichts in Gang…


Aber: Vielleicht muss es erst zu solchen Schlagzeilen kommen, damit eine nötige Aufmerksamkeit erzielt wird.


Unser Schulsystem krankt an allen Ecken und Enden - da reicht eine Diagnose allein nicht.

Lehrermangel seit Jahrzehnten, baufällige Schulen, Bürokratiewahnsinn, veraltete und überladene Lehrpläne, unzeitgemässes Material… Die Liste ließe sich noch um einige Punkte erweitern.


Erkrankt ein Mensch, dann ist er nicht mehr so leistungsfähig, wie im „Normalfall“. Er zieht sich zurück, umgeht Termine, die er umgehen kann, kümmert sich nur noch „um das Nötigste“, in seinem Versuch, gesund zu werden.


Ähnlich in den Schulen.


Auch da geht mittlerweile oft „nur noch das Nötigste“.

Die Lehrer, die noch da sind, versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Machen Vertretungen in Klassen und ggf auch Fächern, die sie nicht kennen. Sie versuchen an verschiedenen Fronten gleichzeitig zu kämpfen und reiben sich dabei vollkommen auf - im schlimmsten Fall, bis auch sie selbst ausfallen.

Auch für ihre eigenen Klassen fehlt irgendwann die Kraft, die Neugier, das Engagement, sich auch mal neben dem „normalen“ Schulalltag auf Nebenschauplätze zu begeben und auch mal individuell zu arbeiten, zu fördern und zu fordern. Dafür sind keine Ressourcen mehr da!


Selbst Fortbildungs- oder Hilfestellungsangebote werden ausgeschlagen.


Gerade gestern…

Ich bot an, in der Schule zu hospitieren um meinen Klienten mal im Unterricht zu beobachten. Gerade ist es für ihn wieder etwas schwerer mit den Schulanforderungen zurechtzukommen, was sich zunehmend in herausforderndem Verhalten auch zu Hause zeigt, an dem Ort, an dem er sich sicher fühlt und nach einem anstrengenden Schultag alle Masken fallen lassen kann. Allerdings zum Leidwesen der anderen Familienmitglieder.


Die Klassenlehrerin ist eine sehr engagierte Person, die wirklich sehr bemüht ist um ihre Schüler und Schülerinnen und ihnen aus aller Kraft helfen möchte. Mein Angebot wurde aber dennoch abgelehnt.

Begründung: „Jetzt nicht, vielen Dank. Das können wir gern machen, wenn es wieder besser klappt.“


Nun könnte ich verständnislos den Kopf schütteln und sagen: „Entschuldigung, wenn es dann vielleicht, hoffentlich, irgendwann mit etwas Glück zufällig wieder besser geworden sein sollte, brauchen wir das Angebot einer Hospitation eigentlich auch nicht mehr…“.

Allerdings kann ich die Lehrerin absolut verstehen. Ich wäre noch ein zusätzlicher Fremdkörper in einer zu diesem Zeitpunkt bereits äußerst aufgewühlten Klasse. Die letzten 2 Wochen waren auch hier von Vertretungen geprägt. Die gesamte Klasse hat ihren „roten Faden“ verloren, nicht nur mein Klient.


Gerade die neurodivergenten Kinder, die mit den Diagnosen Autismus, ADHS, etc., leiden unter einem System, welches auf „Gleichschaltung“ ausgerichtet ist.

Alle lernen zur selben Zeit im selben Tempo dieselben Inhalte. Alle machen zum gleichen Zeitpunkt die gleiche Menge an Pausen, Ferien, Hausaufgaben. 

Wer in irgendeiner Form nicht in dieses „Normal“ passt, zeigt nur umso schneller die Lücken und Defizite des Systems auf.


Und wenn ein System bereits so marode und geschädigt ist, dass es nur noch im „Notbetrieb“ zu laufen scheint, dann wird selbst die sowieso schon enge „normale“ Fahrrinne in der Mitte immer schmaler und immer weniger Schüler und Schülerinnen können noch automatisch mitschwimmen.


Das Potenzial derer, die außerhalb dieser Linie funktionieren müssen, bleibt mehr und mehr auf der Strecke und wird im weiteren Verlauf möglicherweise zu einem wahrlich teuren Vergnügen… für alle.


Ich verfolge die weiteren Entwicklungen gespannt und dennoch mit sorgenvoller Stirn.


Meine Bitte:

Egal, wie anstrengend es so manches mal im Außen ist…


Bleibt neugierig aufeinander!


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