Ich lernte Eric (5 Jahre alt, frühkindlicher Autist, nonverbal) im Kindergarten kennen.
Er saß meist allein in einer Ecke, schaukelte vor sich hin und brummte dabei mit einem ausgesprochen tiefen Brummton.
Auch im Therapieraum setzte er sich meist gleich zu Beginn in die große Hängeschaukel und brummte.
Ich ließ ihn gewähren, denn der Versuch, ihn aus seiner Schaukel herauszuholen, setzte ihn stets massiv unter Stress.
Dann begann er zu wimmern, auf Zehenspitzen auf- und abzulaufen, mit den Händen zu wedeln und sich auf die Wangeninnenseiten zu beißen. Er wirkte dann sehr verzweifelt, getrieben und unglücklich.
Also beließ ich ihn in seinem Wohlfühlraum und bot verschiedene Inhalte quasi „von außen“ an, welche er sogar annahm - hierzu an anderer Stelle mehr.
Ich bewunderte stets seinen tiefen Brummton, konnte allerdings kaum nachvollziehen, warum er das so langanhaltend tat.
Eines Tages probierte ich dies also auf meinem Heimweg im Auto kurzerhand selbst aus.
Ich stand im Stau und ein unwilliges Brummen entrang sich meinen Lungen.
Ich erinnerte mich an Eric und brummte einfach bewusst weiter und von der Tonlage ein wenig tiefer.
Und ich begann mich zu entspannen, meine Aufmerksamkeit richtete sich unbemerkt auf die wohltuenden Vibrationen in meinem gesamten Körper, auf die Entspannung im Kehlkopf, auf die Gleichmäßigkeit der Ein- und Ausatmung.
Und ich konnte Eric plötzlich ausnehmend gut verstehen!
Nicht umsonst gibt es in Tibet eine Art der Meditation, bei der die Mönche ein atonales, tiefes Brummen ertönen lassen.
Eric hatte diese entspannende Wirkung selbst entdeckt.
Was ich damit sagen möchte?
Wenn ihr ein Stimming beobachtet und dieses vielleicht eigenartig findet, probiert es in einem unbeobachteten Moment eventuell sogar mal selbst aus. Vielleicht ist es gar nicht so eigenartig… ;-)
In diesem Sinne: Bleibt neugierig aufeinander!
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