„Wieso wird in der Therapie gebacken?“
Viele Dinge, die in der Therapie gemacht werden, haben gute Gründe - sehen ohne weitere Erläuterungen nach außen aber manchmal wahrhaftig eigenartig aus… ;-)
Ich backe und koche zum Beispiel mit meinen Klienten gern, wenn diese das auch gern mögen.
Zum einen können wir alles mit dem Backen und Kochen Verbundene, wie das Aussuchen eines Rezeptes, Vorräte und Koch- bzw. Backutensilien sichten, einkaufen, servieren und anschließendes Spülen und Wegräumen üben. Das schafft Handlungskompetenzen auf unglaublich vielen Ebenen.
Was mich aber am meisten am Kochen und Backen in der Therapie fasziniert, ist die „Türöffnerfunktion“.
Die Klienten sind mit einer Tätigkeit beschäftigt, die ihnen Freude bereitet und die sie nicht zu sehr fordert.
Zunächst tauscht man sich über die aktuelle Tätigkeit aus, gerade in der Planungsphase.
Nach und nach schleichen sich aber Routinen ein, jeder werkelt vor sich hin und plötzlich, ohne dass ich ein Thema angeschnitten hätte, kommen mitunter echte „Lebensfragen“ auf und werden diskutiert.
Aber eben nebenbei!
Säße ich mit den Klienten am Tisch, schlimmstenfalls einander direkt gegenüber, käme ich erst sehr viel später oder auch gar nicht an solche Punkte.
Eine „typische“ Gesprächssituation in der Therapie hat so viel Anspruch, so viel Erwartungshaltung, dass sich durch den entstehenden Druck nichts mehr bewegen kann…
Von Innen bauen sich Gefühle und Sorgen mehr und mehr auf, im Außen sitzt einem jemand (frontal) gegenüber, schaut einen an, erwartet womöglich Blickkontakt und zudem ein „therapeutisch wertvolles und zielführendes“ Gespräch, eventuell ist der Stuhl unbequem, nicht genug Platz zum Bewegen vorhanden und vielleicht ist es auch viel zu warm… aber im Sitzen kann man so schlecht die Jacke ausziehen…
In der Küche aber, können wir uns aus dem Weg gehen, wir müssen den Blick nicht halten, weil wir ja z.B. beim Schlagen von Eischnee den Blick in die Schüssel gerichtet halten „müssen“. Und falls wir vielleicht ein Gespräch doch noch abbrechen wollen haben wir jederzeit eine gute „Ausrede“ parat und können mittels „viel wichtigerer“ Gespräche, z.B. über die weitere Vorgehensweise beim Dekorieren der Kekse, das Thema nochmal ablenken - dann wird alles so viel einfacher!
Ich biete meinen Klienten meist verschiedenste Tätigkeiten an. So können sie auswählen, was sie am meisten anspricht. Backen, kochen, malen, basteln, Kastanien suchen, Buden bauen und vieles anderes mehr.
Allerdings wirft kochen und backen gerade bei den Angehörigen immer die meisten Fragen auf. ;-)
Wenn also mal von außen nicht ganz klar ersichtlich sein sollte: Was machen die denn da???? - einfach nachfragen!
In diesem Sinne: Bleibt neugierig aufeinander!
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