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Janina Jörgens

Zwischen "Helikoptermutter" und "Rabeneltern" - Egal wie du es machst...


Hand in Hand


Na? Allein der Titel des heutigen Blogs… Ihr ahnt vielleicht schon, wohin uns das führen mag…

 

Eltern und nahe Begleitpersonen von autistischen Menschen bekommen meist beides zu hören…

Denn entweder kümmern sie sich nach Meinung der „Ratgeber“ in der Außenwelt viel zu viel um ihr Kind oder eben viel zu wenig…

 

„Ihr seid echt Helikoptereltern! Ist doch kein Wunder, dass euer Kind sich so langsam entwickelt. Ihr nehmt ihm ja jegliche Entwicklungs-Chancen, wenn ihr ihm alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumt. Woran soll er denn wachsen? Er muss doch auch mal Herausforderungen meistern können! Ihr haltet ihn so doch nur künstlich unselbständig…“

 

Zum Einen frage ich mich immer, wie Menschen, die solche Äußerungen tätigen, durch ihre eigene Kinderstube gelangt sind??? Also meine Mama hat mir vorgelebt: „wenn es nicht hilfreich oder nett ist, was du sagen möchtest und du es nicht ohne zu schreien sagen kannst, sag es in dem Moment besser nicht…“ - was nicht bedeutet, dass solche Dinge nicht an anderer Stelle oder zu einem anderen Zeitpunkt durchaus besprochen werden sollten: denn sonst legen sie sich auf die Seele, was auch nicht gesund ist.

 

Zum Anderen sind solche Aussagen eigentlich nur ein Zeugnis der Unwissenheit, der Unkenntnis.

Das kann man jemandem noch nicht einmal vorwerfen! Niemand ist allwissend!

Wenn solche „dahingeworfenen“ Ratschläge oder Meinungen nur nicht immer so laut und so unreflektiert herausposaunt würden, wenn sich wenigstens die Möglichkeit eines Austausches ergäbe, in dem man dann voneinander lernen könnte…

 

Aber nein, derjenige hinterlässt meist nur das Echo seiner Worte als schales Gefühl und geht seinen Weg weiter. Zurück bleibt man selbst meist sprachlos, hilflos und das eigene Selbstwertgefühl darf wieder eine Kerbe mehr sein eigen nennen….

 

Was Eltern von Autisten gern erklären würden:

  • Mein Kind handelt nicht aus Bösartigkeit so, sondern aus Verzweiflung.

  • Mein Kind hat schon unglaublich viel in seinem Leben erreicht.

  • Mein Kind wächst jeden Tag!

  • Wachstum gelingt nur aus einer gewissen Stabilität und die versuche ich meinem Kind zu ermöglichen.

  • Mein Kind besteht jeden Tag unglaublich viele Herausforderungen auf Ebenen, die wir uns kaum vorstellen können!

  • Von all diesen Herausforderungen braucht mein Kind auch mal Pausen und die gewähre ich ihm, indem ich ihm andere Dinge abnehme.

 

In der aktuellen Situation, in der man sich den gefühlten Vorwürfen jedoch ausgesetzt sieht, könnte man dies ggf. nicht anbringen, ohne zu schreien… Zudem ist man oft im akuten Moment einfach sprachlos…

 

Dann gibt es aber auch die andere Fraktion:

„Ihr seid echte Rabeneltern. Ihr müsst doch auch mal mit eurem Kind auf den Spielplatz. Er muss doch mal mit anderen Kindern spielen dürfen. Also, nur weil das vielleicht mal etwas anstrengend ist… er muss es halt auch mal üben können! Er muss doch mal an die frische Luft! Was soll denn das für eine Kindheit sein! Sogar während des Essens läuft bei euch das Tablet…“

 

Ja… auch hier fehlen einem dann die Worte…

Wessen Bedürfnisse sind das denn, die hier angeführt werden?

Der „Ratgeber“ hat die letzten Jahre nicht 24 Stunden, 7 Tage die Woche miterlebt und kann nicht erahnen, wie sensibel vielleicht das Thema Ernährung für das Kind und die Familie ist oder wie unangenehm für das Kind Geräusche, Helligkeit, Texturen wie Sand/ Gras/ Wasser sind…

 

Auch hier fehlt Hintergrundwissen - das ist alles. Naja, und vielleicht fehlt auch Empathie - wahrscheinlich sogar…

 

Am Ende bleibt mir der Spruch im Kopf: Egal, wie du etwas machst, es gibt immer jemand, der daran etwas zu meckern findet…

 

Im Laufe der Zeit hilft eigentlich nur, sich ein „dickeres Fell“ zuzulegen, über ungebetene Ratschläge mit einem Lächeln hinwegzuhören oder sich Info-Material zu erstellen, welches man dann ebenso ungefragt den Leuten in die Hand drückt: „Vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Situation! Bitte sehr, ich habe hier mal etwas für Sie zusammengestellt. Verbreiten Sie es gern weiter! Vielen Dank für Ihre Hilfe zur Aufklärung!“

 

Tatsächlich hat eine meiner Klientinnen das so gehandhabt! Sie hatte eine zusätzliche Beeinträchtigung mit einer weithin sichtbaren Gesichtsdeformation, war dabei hochintelligent. Da sie insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln durchweg angestarrt wurde und man vor ihr über die tuschelte, hat sie sich irgendwann eigene Flyer entworfen, die Auskunft über ihre Behinderung gaben und diese dann beim Aussteigen den Leuten in die Hände gedrückt.

„Dadurch tut es zwar nicht weniger weh, wenn die Leute über mich lästern, aber ich freue mich währenddessen schon auf die Gesichter, die ich gleich sehen werde, wenn sie meinen Flyer von mir bekommen.“

 

;-)

 

Was für ein starkes Mädchen!!!

 

Man kann es nicht jedem recht machen - und zum Glück muss man das auch nicht!!!

 

In diesem Sinne:

Egal, was ihr macht: Bleibt neugierig aufeinander!

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