top of page

Alles "Einzelfälle"!? - Teil 2 der Reihe: "absolut absurd"

Aktualisiert: vor 6 Tagen

Viele Menschen


Wir haben ja jetzt ungefähr Jahreshalbzeit.


Also habe ich mir mal den Spaß gegönnt und durchgezählt, wie viele ‚Einzelfälle‘ ich so habe… 


Denn laut Ämtern, Schulen, Diagnosestellen etc., sind beinahe alle Klienten und Klientinnen, die sich bei mir zu Beratungen, Coaching und Therapien melden: ‚Einzelfälle‘. 


Angeblich ist es zum Beispiel noch nie vorgekommen, dass ein 13-jähriges Mädchen während eines Hilfeplangespräches nicht selbst sprechen möchte. Es sei absolut unüblich, dass das Mädchen seine Mutter anschaut und mit Blicken darum bittet, für sie in ihrem Sinne zu antworten. Schließlich bestünde in diesem Moment ja keine Test-Atmosphäre. 

Dass von diesem Gespräch viel abhängt, im Vorfeld bereits viel Aufregung herrschte, die Räumlichkeiten wie auch umgebenden Personen absolut unbekannt sind, der Hinweg stressig war, etc., all dies findet keine Berücksichtigung. 

Das Mädchen ist Autistin, auch hier fehlt allerdings leider offensichtlich jegliches Einfühlungsvermögen.


Laut diverser Schulen ist es auch noch nie vorgekommen, dass ein Elternteil die Aufgabe als Schulbegleitung für sein Kind übernehmen wollte. Selbst wenn dieses Arrangement nur zeitweise geplant ist, weil eben nicht schnell genug eine passende Schulbegleitung gefunden werden konnte - nein, das hat es hier noch nie gegeben!


Es scheint auch völlig unüblich und unvorstellbar zu sein, dass Gespräche weder in der Institution noch zu Hause stattfinden können. Hier muss es sich um einen bedauerlichen Einzelfall von höchst uneinsichtigen Eltern handeln, die versuchen, jedes Gespräch im Keim zu ersticken. Als Gründe werden Vertuschungsversuche genannt - Vertuschung, von was auch immer… 


Oder Elternteile, die in Gesprächen zusammenbrechen, Emotionen zeigen oder auch viel Wissen und Engagement an den Tag legen und sich hier auch austauschen möchten, gar Vorschläge machen, Alternativen aufzeigen, womöglich sogar mit den Bedürfnissen ihrer Kinder vertraut sind - unvorstellbar, hat es noch nie gegeben, alles Einzelfälle.


Ganz zu schweigen von Familien mit mehreren Kindern, die angeblich für jedes der Kinder eine Autismus-Diagnose haben…, also so eine Häufung in einer Familie? Unmöglich! Ein Einzelfall…


Ok gut, ich arbeite seit über 25 Jahren mit Autist/Innen und deren Familien.

Alles oben genannte ist für mich Alltag, Standard…


Und ok, ich arbeite mittlerweile ortsunabhängig, also im und für den gesamten deutschsprachigen Raum…


Aber: ich habe mal durchgezählt.


Allein im ersten Halbjahr 2025 haben über 60 sogenannte ‚Einzelfälle‘ bei mir Hilfe und Unterstützung in Anspruch genommen…


Und die täglichen Kontakte via sozialer Medien sind hier noch nicht einmal mitgezählt.


Tut mir einen Gefallen:

Lasst euch nicht einreden, dass ihr ein Einzelfall wärt!

Ja - eure Geschichte in ihrer Komplexität ist jedesmal einzigartig!

Aber die Dramen, die sich auf den jeweiligen Wegen entwickeln, die Barrieren, die unser sogenanntes “Hilfesystem” in die Wege der Familien stellt - die sind leider trauriger Alltag….


Bleibt stark und neugierig.

Comments


bottom of page