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Janina Jörgens

Autismus und Burnout


Überforderte Frau


Burnout - ein Phänomen, von dem sicherlich jeder schon einmal gehört hat.

 

Ein Phänomen, das jeden treffen kann.

Ein Phänomen, das allgemein bekannt ist.

Ein Phänomen, das akzeptiert ist.

 

Es kann ja jeden treffen! Auch den geschäftigen Manager im hohen Posten! Da wirkt es manchmal sogar beinah wie eine Art Auszeichnung, schließlich hat sich da jemand für seinen Job so richtig reingehangen…

Es gab viel Stress, viele, wichtige Aufgaben, viel Engagement und Power - zu viel - naja, aber derjenige hat ja auch wirklich was geleistet!

 

 

Naja, und wenn dann sensiblere, stille Menschen in einen Burnout geraten… da sieht es schon anders aus. Dann darf man sich auf Kommentare gefasst machen wie: „Wovon denn das bitte?“, „War ja klar, du Sensibelchen.“ Und vieles mehr.

 

 

Ein autistischer Burnout ist allerdings nochmal eine genauere Betrachtung wert, denn es gibt hier Unterschiede.

 

Auch ein autistischer Burnout entsteht durch ein Zuviel an Stress und ein Zuwenig an Erholung.

 

Allerdings hat den Stress vorher kaum jemand oder gar niemand bemerkt…

 

Niemand erkennt lobend an, dass Tim immer versucht, andere Menschen zu grüßen und ihnen im Gespräch für 7 Sekunden in die Augen zu schauen. 

Dabei hat er für diese 7 Sekunden seit 4 Jahren trainiert!

 

Niemand in der Schule ist stolz, wenn Silas 2 Schulstunden schafft, ohne sich zu kratzen, aufzustehen oder in die Klasse zu rufen.

Dabei zucken seine Augenmuskeln bei jedem Geräusch in der Klasse zusammen, lassen seine Sicht verschwimmen und Silas muss seine Augen bewusst jedes Mal wieder neu auf die Schrift vorn am Whiteboard scharf stellen.

 

Niemand ihrer Kollegen versteht, warum Carina immer so müde ist…

Denn niemand im Büro weiß, dass Carina bereits um 4.30 morgens aufstehen muss, um es pünktlich um 9.00 ins Büro zu schaffen, welches nur 10 Minuten Gehweg von ihrer Wohnung entfernt liegt. Dabei kann sie oft erst um 1 oder 2 Uhr morgens einschlafen, da sie noch die Ereignisse des Vortages zu verarbeiten hat.

 

 

Auch „dauert“ ein autistischer Burnout oft viel länger als ein Burnout, den man bei neurotypischen Menschen beobachten kann…

 

Eine Faustregel sagt, dass die Bewältigung eines Burnouts ungefähr halb so lange bis genauso lange dauert, wie seine Entstehung benötigt hat.

 

Wenn wir nun davon ausgehen, dass Menschen und Augenkontakt schon seit seiner frühesten Kindheit enormen Stress mit sich brachten… Nun ja, Tim ist jetzt 9 Jahre alt… Und Menschen und Augenkontakt sind bei Weitem nicht sein einziger Stressfaktor als Autist in einer neurotypischen Welt…

 

Auch die Geräuschempfindlichkeit von Silas besteht für ihn schon immer - und nicht nur innerhalb des Schulgebäudes. Und auch er zählt weitere große Stressfaktoren für sich auf: langärmlige Kleidung, Essensgerüche, duschen, Zähne putzen, das Gefühl von Metall im Mund, und so weiter…

 

Na - und Carina? Carina hat ihre Diagnose selbst erst vor 3 Jahren bekommen und staunt beinah jeden Tag aufs Neue, wie gut sie maskieren kann. Sie lernt ihre Stressoren gerade erst in kleinen Schritten kennen…

 

 

Ein autistischer Burnout äußert sich auch anders als ein neurotypischer Burnout.

 

Neurotypen bemerken eine höhere Stressanfälligkeit, Vergesslichkeit, Müdigkeit, einen Energiemangel, eine höhere Infektanfälligkeit.

 

Das (und andere Symptome) bemerken sie entweder selbst oder aber andere Menschen aus ihrem Umfeld.

 

Man fragt sich: Was ist da los? Derjenige wird irgendwann angesprochen: „Wie geht es dir? Ist alles in Ordnung? Brauchst du Hilfe?“

 

Ja, auch Neurotypen verleugnen oft erst mal, denn Probleme gibt man in einer „höher-schneller-weiter-Gesellschaft“ nun mal nicht gern zu…

 

Währenddessen werden aber schon Hilfen organisiert, von den Betroffenen selbst oder Außenstehenden. Aufgaben werden anders verteilt, evtl. abgegeben, es gibt vielleicht eine Auszeit, ein Sabbatical, ein Retreat oder eine Reha mit anschließender Wiedereingliederung, wenn nötig über einen langen Zeitraum.

 

 

Ein autistischer Burnout zeigt sich „nur“ durch „noch weniger können“, „noch weniger anpassen“, „noch weniger aushalten“.

 

Nach außen bedeutet das ein „herausforderndes“ oder zumindest unkooperatives Verhalten und die Reaktion ist ach so oft: Konsequenz und Strenge.

 

„Das Leben ist kein Ponyhof! Du bekommst hier schon die ganze Zeit eine Extrabehandlung! Irgendwann ist auch mal Schluss!“

 

Oh! Wo sind die Nachfragen: Wie geht es dir? Kann ich dir helfen? 

Wo ist das Angebot einer Auszeit, die Überlegungen nach mehr Ruhe- und Entspannungsmöglichkeiten?

 

Denn einzig das würde den Menschen in dieser Situation helfen!

Ruhe und Entspannung. Druckfreiheit.

Und zwar nicht für 3 Tage… nein - für so lange, wie es eben dauert.

 

Und wenn wir mit den Menschen sprechen würden, anstatt über sie… Sie hätten eine Menge zu sagen und eine Menge zur Lösung beizutragen!

 

Stattdessen werden Kinder zum Nachsitzen verdonnert. Sie bekommen nicht erledigte Aufgaben zusätzlich zu den Hausaufgaben mit nach Hause. Beides Maßnahmen, die nicht nur nicht hilfreich sind, sondern alles nur noch schlimmer machen, weil sie noch mehr - eigentlich ach so dringend benötigte - Regenerationszeit zu Hause stehlen…

 

Stattdessen werden fachlich hochkompetente Mitarbeiter/Innen lieber entlassen - sie passten angeblich sowieso nicht ins Team…

 

Oh jeh!

Es ist noch ein weiter Weg in die Aufklärung zu gehen!

 

Geht ihr ihn mit mir!?

Teilt die Beiträge, die euch ansprechen gern viel und oft, denn jeder, der diese Hintergründe zu lesen und zu hören bekommt, könnte wieder ein verstehender Mensch mehr sein!

 

Bleibt neugierig!

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