
„Erwachsenes“ Stimming? Was soll denn das sein?
Wir kennen vielleicht alle die Verhaltensweisen, Stimmingmethoden, die Kindern aus dem Autismusspektrum zur Beruhigung oder als Ventil für ein mögliches „Zuviel“ an sensorischen Eindrücken dienen.
Dem Einen oder der Anderen werden hier solche Dinge einfallen, wie das Wedeln mit den Händen, hüpfen, quietschen, schreien und vieles mehr.
Tatsächlich sieht man solche Verhaltensweisen bei erwachsenen, hochfunktionalen bzw. hochmaskierenden Autist/Innen eher seltener…
Aber warum eigentlich? Wird „Stimming“ nicht mehr benötigt?
Doch - aber es kann anders aussehen.
Die Autismus Diagnose wird gestellt, wenn Auffälligkeiten in diesen 3 Bereichen zu finden sind:
Sozialer Umgang
Kommunikation
Stereotype Verhaltensweisen
Wer nun erst später in seinem Leben auf die Idee kommt, eine mögliche Autismus-Diagnose für sich selbst in Betracht zu ziehen, kann oftmals auch als hochfunktionale/r oder sagen wir besser hochmaskierende/r Autist/In in den ersten beiden Bereichen relativ schnell einige individuelle „Besonderheiten“ angeben.
„In der Schule hatte ich den Spitznamen „Wörterbuch“, weil ich mich wohl schon sehr früh sehr gewählt ausdrücken konnte.“
„Naja… meine Eltern wurden ständig in die Schule zitiert, weil ich dauernd mit meinen Mitschülern aneinandergeraten bin…“
„Wenn ich in Stress gerate, habe ich manchmal so was wie eine Sprachblockade.“
„Freunde hatte ich eigentlich nie…“
Aber stereotype Verhaltensweisen?
„Nein, so was mache ich nicht. Meinen Sie Hin- und Herschaukeln oder Dinge aufreihen? Oder immer nur vom gleichen Teller essen? Nein, das mache ich nicht.“
Ich möchte hier mal die Chance nutzen und einige mögliche „erwachsene“ Stimming-Methoden nennen, welche durchaus als repetitive/stereotype Verhaltensweisen durchgehen:
Hände wringen
Füße aneinanderreiben
auf den Wangeninnenflächen kauen
auf die Lippen beißen
„Skin picking“ - also an der eigenen Haut zupfen/ fummeln
Nägel kauen
mimische Ticks wie Augenbrauen hochziehen, Augen aufreißen, etc.
mit den Beinen wippen
an den Haaren drehen
an den Haaren/ Augenbrauen/ Wimpern ziehen
sich räuspern
Doomscrolling – exessive Handynutzung
Taschentücher und ähnliches in den Hosentaschen zerpflücken
an der eigenen Kleidung zupfen
rauchen
an dem Brillenbügel/ Kugelschreiber u.Ä. kauen
und vieles mehr…
„Ja, aber… also solche Sachen, das macht doch jeder!“
Ja, aber es kommt hier auf die Häufigkeit, die Intensität und die Ursache an.
Und dies sind ja auch nur mögliche Inhalte einer der drei Bereiche, die für eine Autismus-Diagnose erfüllt sein müssen.
Und abgesehen davon…
Spät diagnostizierte Menschen sind oftmals hochmaskierende Menschen.
Alle die oben genannten Dinge sind „akzeptiert“, „das macht ja Jede/r.“
Und wenn du mal in dich hinein spürst und es vielleicht mal in einem unbeobachteten Moment sogar ausprobieren möchtest:
Vielleicht fühlt sich hin- und herschaukeln, Dinge aufreihen oder immer vom Lieblingsteller essen gar nicht mal so schlecht an?
Vielleicht hast du nur viele Jahre lang gelernt: „Das macht man nicht!“
Welche Arten von einem möglichen „erwachsenen“ Stimming entdeckst du an dir?
Bleib neugierig.
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