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Janina Jörgens

Igitt, das ess‘ ich nicht - …auf der Suche nach dem „Warum?


Pfannkuchen Gesichter


Claas, 4,5 Jahre, war schon immer ein sogenannter „picky eater“.

Als „picky eater“ bezeichnet man Menschen, die ein sehr wählerisches Essverhalten zeigen, viele Nahrungsmittel ablehnen.

 

Wenn Claas hätte sprechen können, wäre vieles vielleicht einfacher gewesen… Aber Claas war ein (nach damaliger Diagnose) frühkindlicher Autist und zu diesem Zeitpunkt noch nicht-sprechend.

 

Claas hatte immer wieder Schwierigkeiten im Kindergarten, jegliche Übergangssituation, sei es das morgendliche Bringen, das nachmittägliche Abholen, An- oder Ausziehen, rausgehen, Mittagsschlaf, etc. wurde zu einer Herausforderung für alle Beteiligten.

 

Die größten Sorgen machten sich die Erzieherinnen allerdings bezüglich des Essverhaltens des Jungen.

Claas verweigerte meistens das ihm angebotene Essen. Nach einigen Monaten des „Gut-Zuredens“ „durfte“ seine Mama immerhin eine eigene Brotbox mit in den Kindergarten geben, in der sich dann seine Lieblingsnahrungsmittel befanden. 

Naja – und weil Claas eben viele Dinge nicht mochte, wiederholten sich die Inhalte der Box demensprechend häufig.

Claas bevorzugte: Toastbrot, ungetoastet und ohne Rinde; Milchschnitte; Rosinenbrötchen (allerdings wurden die Rosinen immer rausgepult - ja, Milchbrötchen wären eine Alternative? Nee, die mochte er auch nicht… ;-)) und Kinderschokolade.

 

Oh!? Das wars? 

Ja - zumindest, endete hier die Liste der Dinge, die Claas in seiner Brotbox akzeptierte.

 

Zu Hause ging auch pürierter Möhreneintopf, Kartoffelpüree (aber nur das, welches aus einer bestimmten Sorte Fertigflocken angerührt wird), manchmal Bananen (kritisch war es, den korrekten Reifegrad zu treffen…), Vanilleeis.

 

Ja - aber nur so weiches „Zeugs“?

Die Logopädin der Einrichtung wies darauf hin, dass Claas auch mal an „härtere“ Nahrungsmittel herangeführt werden solle, denn die würden durch das Kauen die Muskulatur stärken und so vielleicht die Sprachentwicklung vorantreiben.

Der Grundgedanke dahinter ist durchaus nicht verkehrt… nur bei Claas standen hier ganz andere Probleme im Vordergrund.

 

Zu Hause und im Kindergarten wurden Claas nun stets alle Lebensmittel angeboten und er konnte wählen, ob er sie probieren wollte oder nicht. 

Nach und nach erweiterte er tatsächlich auch seine Akzeptanz auf einige andere Leckereien.

 

Aber: es blieb bei der weichen Konsistenz.

 

Nun kam Sorge auf, ob Claas vielleicht Probleme mit den Zähnen und vielleicht Schmerzen beim Kauen hatte?

Also: Zahnarzttermin.

Der Zahnarzt konnte allerdings keine Ursachen finden.

 

Vielleicht liegt es am Schluckvorgang? Vielleicht gibt es da einen Hinweis?

Also: Termin im Krankenhaus zur Schluckdiagnostik.

Auch hier war alle „ohne Befund“.

 

Die Ursache lag woanders, was Claas erst einige Jahre später bestätigte, als er dann mit 7 Jahren anfing zu sprechen.

 

„Essen ist so furchtbar laut!“

 

Das war seine Antwort auf Mamas Frage, warum er so viele Dinge noch immer nicht essen mochte.

 

Claas ist ein sehr geräuschempfindliches Kind. Er kann Frequenzen hören, die für die meisten Menschen als „unhörbar“ gelten. Claas kann Stromleitungen in der Wand hören – nur eines von vielen Beispielen.

 

Essen ist für Claas also eine pure Lärmbelästigung. Allein der Speichel, der zusammen mit den Kaubewegungen allerlei Knietsch-, Knatsch- und Schlürfgeräusche macht… Dann das Schlucken an sich, „Das knallt manchmal richtig!“.

Und Abbeißen oder Kauen von Dingen wie Keksen, Knäckebrot, rohe Karotte etc. ist für Claas tatsächlich so laut, dass er davon Kopfschmerzen bekommt.

 

Wer diese Lärmkulisse mal ansatzweise versuchen möchte nachzuerleben, kann sich gern mal sehr gut sitzende Ohrstöpsel in die Ohren stecken und ganz bewusst verschiedene Nahrungsmittel essen. Und das gibt nur eine ganz vage Idee davon, wie laut essen für Claas ist…

 

Nachdem er seine „Probleme“ endlich erklären konnte und glücklicherweise auf viel Verständnis traf, konnte viel Druck aus dem „Essens-Thema“ genommen werden. Claas ging gemeinsam mit seiner Familie auf „Entdeckungstour“ nach „leisem Essen“ und seine Mama entdeckte viele neue Kochideen. ;-)

 

Es ist also ganz wichtig, dass wir gemeinsam versuchen herauszufinden, warum verschiedene Lebensmittel womöglich gemieden werden… Es gibt immer Gründe…

 

Und manche Lebensmittel sind vielleicht einfach zu laut…

 

In diesem Sinne: Bleibt neugierig aufeinander.


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